Nach der peripheren Reizaufnahme von Schall (äußerer Gehörgang, Mittelohr, Innenohr)
und der Weiterleitung über den Hörnerv findet eine zentral auditive Verarbeitung statt.
Diese beginnt, ab dem Eintritt des Nervus vestibulocochlearis in den Hirnstamm und führt
über die zentrale Hörbahn bis zum Cortex.
Die Verarbeitung ist umso komplexer, je höher die Verarbeitungsebene ist.
Störungen in diesen Bereichen werden zentral auditive
Verarbeitungsstörungen (ZAVS) oder
auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS) genannt.
Die zentral auditive Verarbeitung lässt sich in Teilfunktionen untergliedern:
- auditive Aufmerksamkeit
- Speicherung und Sequenz (Hörmerkspanne unter Berücksichtigung der Reihenfolge)
- Lokalisation (Erkennen von Richtung und Entfernung auditiver Stimuli)
- Diskrimination (Differenzierung auditiver Stimuli z.B. ähnlich klingende Laute unterscheiden)
- Selektion (Bedeutungsvolles von Umgebungsgeräuschen unterscheiden können)
- Analyse (z.B. Heraushören einzelner Laute im Wort)
- Synthese (z.B. Zusammensziehen einzelner Laute zu einem Wort)
- Ergänzung (z.B. Vervollständigung eines lückenhaften Wortes zu einem sinnvollen Wort)
Die einzelnen Teilfunktionen interagieren miteinander und sind nicht klar voneinander zu trennen.
Eine zentral auditive Verarbeitungsstörung liegt dann vor, wenn für mindestens drei
Teilfunktionen in spezifischen Testverfahren Auffälligkeiten nachweisbar sind.
Symptome
- Unaufmerksamkeit gegenüber Geräuschen und Sprache
- eingeschränkte Konzentration und Aufmerksamkeit in Abhängigkeit von Lärmpegel und Dauer einer Anforderung
- unzutreffende Reaktionen auf Fragen
- Probleme mehrteilige Aufträge zu befolgen
- Probleme einfache Texte zu behalten
- Probleme die Richtung zu erkennen, aus der ein Geräusch kommt
- Verwechslung ähnlich klingender Laute (z.B. t-k, b-d, d-g,... häufig im Diktat)
- schnelle Ablenkbarkeit durch Geräusche
- Überempfindlichkeit bei unangenehmen Geräuschen
Vermutete Ursachen:
- neurobiologische Störung mit genetischem Hintergrund
- Reifestörung der zentralen Hörbahn und kognitive Störungen durch prä-, peri- und postnatale Einwirkungen
- zeitlich zurückliegende Schallleitungsschwerhörigkeiten
- umgebungsbedingte Faktoren
Bevor die Diagnose einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung gestellt wird,
werden vom Phoniater oder HNO-Arzt eine Reihe von Untersuchungen und Hörtests durchgeführt
und gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen veranlasst.